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Laufberichte

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25.06.2011

Der 1. Zugspitz-Ultratrail 2011 – Das Trailrun-Highlight Europas

Es ist der 25.6.2011, 5.08 Uhr. Ich erwache aus einem unruhigen Schlaf. Der Berg ruft; so wirbt der Veranstalter des 1. Zugspitz-Ultratrails 2011; besser gesagt, die Berge rufen. Seit vier Tagen bin ich am Start- und Zielort des Laufs in Grainau und um mich herum sind nur hohe Berge, die wir überlaufen sollen. Ich frage mich immer wieder, wie ich das schaffen soll. Die Strecke, 101 Kilometer mit 5474 Höhenmetern hat nicht nur einen Berg, sondern gleich drei Zweitausender; davon der letzte bei Kilometer 90.

Als Flachländer habe ich einen mächtigen Respekt vor der gigantischen Bergkulisse. Ich hatte keinerlei Lauferfahrung in den Bergen. Als ich mich entschloss, dieses Abenteuer anzugehen, war mir nicht klar, auf was ich mich da einließ. ich glaube, es war die Faszination eines Ultra-Events in den Bergen; eine neue Herausforderung? In meinem Läuferleben glaubte ich schon alles erlebt zu haben. Ich brauchte eigentlich keine neue Herausforderung.

Die Teilnahme am Lauf verband ich mit einem 14tätigen Urlaub; der Lauf stand also nicht im Mittelpunkt. Dies gelang nur bedingt. Zwar konnte ich mich vor dem Lauf immer wieder ablenken und die Bergwelt und die Ruhe genießen; aber der nahende Start des Laufs beunruhigte mich doch sehr. Besonders als immer mehr Läufer in Grainau eintrafen, steig die Spannung. Freitags war die Registrierung und ein aufwendiges Briefing, was eher der rechtlichen Absicherung diente, da der Veranstalter alle Unsicherheiten ausschalten wollte. Am nützlichsten waren noch die Hinweise auf die strenge Auflage zur Mitnahme von zusätzlicher Bekleidung, Getränken, Stirnlampe, Handy, Race-book, etc. Ich war mir eigentlich sicher, dass ich die Stirnlampe nicht brauchen würde. Ich ging von einer Laufzeit von maximal 15 Stunden aus. Dabei wäre ich um 22.15 Uhr wieder im Ziel gewesen. Wie unerfahren und überheblich ich war, zeigt die Endzeit. Ich war erst kur vor 2.30 Uhr mitten in der Nacht im Ziel.

Aber zunächst zum Start um 7.15 Uhr bei strahlendem Sonnenschein und guten Lauftemperaturen. Der Veranstalter schickte uns nach einer kurzen Runde durch den Ort nach ca. einem Kilometer direkt in den Berg. Die Bergpassagen bis Kilometer 10 am Eibsee konnte ich noch laufend bewältigen. Schließlich hatten wir ja erst 300 Höhenmeter überwunden. Ich versuchte an einer Gruppe Läufer dran zu bleiben, deren Tempo ich mithalten zu können ich glaubte. Weit gefehlt! Schon auf den nächsten fünf Kilometern, bei denen es auf 1600 m hoch und dann zur Ehrwalder Zugspitzbahn 400m bergab ging, musste ich die ersten Gehstrecken einlegen und erfahren, dass mancher Trailrunner mit Laufstöcken bergauf und bergab mit überlegen war. Hier merkte ich schon, dass mit die Erfahrung des Berglaufens gänzlich fehlt. Nichts desto trotz begann ich mir eine Strategie für die Bewältigung des Laufs zu überlegen. Der Abstieg zur Ehrwalder Bahn auf 1000m bot dazu genügend Entlastung. Mit wurde klar: Bei diesem Lauf geht es nicht um Zeit und Platzierung. Hier geht es nur ums Ankommen. 75km lagen noch vor mir. Wie ich die schaffen sollte, daran vermochte ich nicht zu denken. Beim Aufstieg merkte ich langsam die Belastung in den Wadenmuskeln und in den Oberschenkeln.

Die zweite Verpflegungsstation hinter der Ehrwalder Alm war erreicht. Deutschland hatten wir hinter uns gelassen. Ich nahm mir ausgiebig Zeit für die Verpflegung. Jetzt ging es hoch auf den ersten von drei Zweitausendern, das Feldernjöckl, bei Km 30. Wenn der steinige Weg kurz die Sicht auf die Wettersteinwand mit den Plattenspitzen und Gatterlköpfe zuließ, konnte ich die herrliche Aussicht genießen. Beim Aufstieg machte ich Peter in einer Läufergruppe unterhalb aus. Er war nicht weit hinter mir. Ich ging davon aus, dass er mich bald einholen würde, denn ich konnte den ersten Zweitausender nur mit vielen Gehstrecken bezwingen. Peter traf ich dann erst bei der Verpflegungsstelle bei Km 55. Die Aufstiege forderten doch von allen Kraft und Achtsamkeit. Am besten kamen noch diejenigen mit den Laufstöcken durch. Nach dem Feldernjöckl ging es die nächsten 10 Km über die Rotmoosalm zur Hämmermoosalm nur bergab, von über 2000m auf 1400m. Das tat gut und gab Zuversicht. Auf dem breiten Wanderweg gab´s dann auch die Möglichkeit, mal in Ruhe aufzuschauen zu den wunderschönen Berggipfeln und ins Tal. Und wenn man nicht an die nächsten Bergstrecken dachte, konnte man sich frei nur dem Lauf hingeben. Ein herrliches Gefühl!

Bei der vierten Verpflegung auf der Hämmermoosalm musste wieder ordentlich Nahrung nachgeschoben werden für den zweiten Zweitausender; das Scharnitzjoch. Ich trank ordentlich Wasser, Iso-Star, erstmals Cola und nahm noch zwei Power-Bar-Riegel mit auf den Weg. Auf dem Scharnitzjoch hatten wir ungefähr die Marathondistanz erreicht. Oben wehte ein starker Wind. Ich musste meine England-Mütze abnehmen, sonst wäre sie auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Und das wäre doch zu schade gewesen. Ich war froh, zwei von drei Zweitausendern bewältigt zu haben. Die Hälfte war geschafft und ich hatte meinen Laufrhythmus gefunden.

Vom Scharnitzjoch ging es über 10 Kilometer wieder nur bergab, teilweise über schotterige, gefährliche Bergabpassagen. Einige Läufer schossen an mir vorbei; mutig und abenteuerlich. ich blieb bei meiner Vorsicht und ging kein Risiko ein. Bei der fünften Verpflegungsstelle bei Km 55, wir waren wieder in Deutschland, gab es einen medizinischen Check. Man lief in ein Zelt und ein Arzt fragte, ob alles klar sei. Und schon war man wieder auf der Strecke. Ich hatte mich gerade ausgiebig verpflegt und meinen Trinkrucksack aufgefüllt, da traf Peter mit einer Laufgruppe ein. Da ich schon fertig war, sagte ich Peter, dass ich mich schon mal auf den Weg mache und wir uns ja gleich sehen. Das hat dann doch bis morgens um 4.30 Uhr gedauert.

Die nächste Passage an der Leutascher Ache entlang zur Leutascher Geisterklamm war wieder sehr gut zu laufen; gute Wanderwege und ein Stück Straße. 60 Kilometer waren erreicht. Ich war zuversichtlich noch unter 17 Stunden ins Ziel zu kommen. Wir erreichten Mittenwald und mit einer herrlichen Abendstimmung ging es vorbei am Ferchensee durch den Wettersteinwald. Es wurde schon dämmerig im Wald und die ca. 8 Kilometer bis zur Verpflegungsstelle vor der Partnachklamm schienen nicht enden zu wollen. Der Lauf forderte langsam aber sicher seinen Tribut. Dreiviertel der Strecke waren bewältigt. Ca. 14 Stunden waren wir unterwegs. Der sogenannte Kälbersteig runter zur Verpflegungsstelle verlangte noch mal volle Konzentration. Unter angekommen wurde erst mal die Stirnlampe aufgesetzt. Noch nie war ich mit so einem Ding gelaufen. Ich versuchte den Schein der Lampe auf ca. 2–3 Meter vor mir einzustellen. Nur dieser Lichtkegel war in den nächsten Stunden mien Begleiter. Es ging von der Partnachklamm zum Graseck hoch. Noch 20 Km.

Aber was dann kam überstieg alles was ich bisher beim Laufen erlebt habe. Ein Aufstieg vom tiefsten Punkt des Laufes bei 800 m bis zum Kreuzeck auf 1600 m. Es ging nur auf einem kleinen Waldpfad in Spitzkehren bergan. Ich war überwiegend allein und versuchte mich Meter um Meter hoch zu schleppen. Das Ende des Waldes war nicht zu erkennen. Hinter mir übergab sich ein Läufer. Ich hatte nicht die Kraft stehen zu bleiben und dachte nur an mich und dass diese Strapazen bald ein Ende nehmen sollten. Ich wusste, dass ich mir jederzeit vor Erschöpfung die Knochen würde brechen können. Ich wollte einfach nur das Ende dieser mörderischen Bergpassage erreichen.

Endlich kam ich an die vorletzte Verpflegungsstelle. Ich fragte den Verpflegungsposten nach Cola. „Cola gib es erst beim runterlaufen.“ „Wieso runterlaufen? Ich lauf doch jetzt runter.“ „Ich kann Dir ein Gel geben; damit kommst Du gut über den Berg.“ Erst jetzt realisierte ich, dass es von dieser Verpflegungsstelle bei 1600 m noch mal auf den dritten und letzten Zweitausender ging. ich ergab mich in mein Schicksal. Zum Glück ging die Strecke über einen breiten und gut zu belaufenen Wirtschaftsweg hoch. Ich konnte auch noch laufen. Aber das Vorwärtskommen war mühselig. In solchen Situationen ist es immer hilfreich an das Ziel zu denken. Wie schön wird es sein, als Sieger über sich selbst diesen Lauf beendet zu haben. Mir kamen schon die Tränen über dieses Glücksgefühl; dass mir Kraft und Zuvesicht gab. Ich würde es bald geschafft haben. Dann kam auch der letzte Zweitausender; der Osterfelder. Noch 10 Km nur abwärts. Bald würde es vorbei sein. 4 Km bis zur letzten Verpflegungsstelle; Cola gab es nicht mehr. Auch nicht beim Runterlaufen. Was soll's, 95.7 Km waren erreicht. Der Rest sollte doch ein Klacks sein.

Für die restlichen 5.3 Km brauchte ich fast eine Stunde. Die Bergabpassage nach Grainau, die uns jetzt bevorstand überbot alles vorherige. Es hatte angefangen zu nieseln, der Boden war sehr rutschig. Steinige Schotterpassagen und glatter Boden wechselten auf ellenlangen Kehren ab. Endlich war der letzte Streckenposten der Bergwacht im Schein eines Lagerfeuers erreicht. Ein letztes Mal wurde meine Startnummer notiert; 349 und dann ging es auf den lang ersehnten Asphalt durch Grainau zum Ziel im Musikpavillon im Kurpark. Die letzten 1,5 Km konnte ich noch laufen. Ich überholte sogar noch drei Läufer. Als ich auf den Musikpavillon zulief hörte ich das Geläut der Kuhglocken, mit dem jeder Läufer begrüßt wurde. Ich konnte noch die Arme hochreißen, um mich über meinen Sieg über mich selbst zu freuen. Mein Name wurde genannt und die Finisher-Medaille wurde mit umgehängt. Ich war überglücklich. Ich genoss dieses Gefühl, diesen Lauf heil und wohlbehalten überstanden zu haben; Nr. 351 in einer langen Wettkampfliste; aber einer der wenigen Läufe, die mich physisch und psychisch so total gefordert haben. Eine Grenzerfahrung, die ich nicht missen möchte.

Ich erfuhr, dass Peter noch nicht bei der letzten Verpflegungsstation durch war. Also ging ich erst mal duschen und genoss danach bis zu Peters Zieleinlauf die schöne Stimmung im Musikpavillon. Jeder Läufer wurde trotz der vielen Stunden, die die Organisatoren auf dem Buckel hatten herzlich und lautstark begrüßt. Endlich bog Peter unter dem Geläut der Kuhglocken in die Zielgrade ein. Er hatte sich mit einer Läuferin und einem Läufer zusammengetan, um den Lauf gemeinsam zu bestehen. Manchmal ist es sicherlich vorteilhafter sich zusammen zu tun. Aber jeder ist anders. Peter war überglücklich, diesen schweren Lauf beendet zu haben. Die vielfältige Palette der Gemütszustände während dieses Laufs und im Ziel lässt sich nicht wiedergeben. Jeder, der es drauf hat, sollte sich dieses Geheimnis erschließen. Es lohnt sich! Und bei der professionellen Siegerehrung am nächsten Morgen konnten sich auch die „Nicht-Geehrten“ als Sieger fühlen. Die Stimmung war einfach einmalig!

Jürgen Metternich

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